Der Frieden ist ausgebrochen - mit Willi Weitzel
Shownotes
„Willi wills wissen“ - mit diesem Reportageformat für Kinder hat Willi Weitzel Fernsehgeschichte geschrieben. Seine Sendungen und Filme kennt jedes Kind und fast jeder Erwachsene. Für die Sternsinger ist er seit 2013 weltweit unterwegs und dreht jedes Jahr eine spannende Reportage, zuletzt in Amazonien.
2022 hat Willi Weitzel den „Großen Preis der Deutschen Akademie und Jugendliteratur“ bekommen nicht zuletzt deshalb, weil er Kindern auch immer wieder schwierige und komplexe Themen vermittelt hat.
Als Wladimir Putin im Februar 2022 die Ukraine angegriffen hat, stellte sich Willi Weitzel die Frage: Wie erklärt man Kindern eigentlich den Krieg, wie den Frieden?
„Der Frieden ist ausgebrochen“ - so beginnt sein gleichnamiges Kinderbuch mit Illustrationen von Verena Wugeditsch. Die Jahreskampagne 2024 der Caritas Deutschland widmet sich dem Thema „Frieden“, und deshalb möchte ich mit Willi Weitzel in dieser Folge über sein Buch sprechen.
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“Tach auch der Pottcast der Caritas Dortmund. Tach auch und herzlich willkommen zu einer neuen Podcast Folge. Mein Name ist Henning Schreiber.
Willi will's wissen. Mit diesem Format hat Willi Weitzel Fernsehgeschichte geschrieben. Seine Sendung und Filme kennt jedes Kind und fast jeder Erwachsene.
Für die Sternsinger ist er seit 2013 weltweit unterwegs, um jedes Jahr spannende Reportagen zu drehen, zuletzt in Amazonien. 2022 hat Willi Weitzel den großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur bekommen.
Als Wladimir Putin 2022 die Ukraine angegriffen hat, stellte sich Willi Weitzel die Frage, wie erklärt man Kindern eigentlich den Krieg wie den Frieden? Der Frieden ist ausgebrochen. So beginnt sein gleichnamiges Kinderbuch mit Illustrationen von Verena Vugeditsch.
Die Jahreskampagne 2024 der Caritas Deutschland widmet sich dem Thema Frieden. Und deshalb möchte ich mit Willi Weitzel in dieser Folge über sein Buch sprechen. Willi, du hast das Bilderbuch herausgegeben, beziehungsweise den Text dazu geschrieben.
Henning: Der Frieden ist ausgebrochen. Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Bilderbuch zum Thema Frieden zu machen?”
Willi: Das hat nichts mit meinen malerischen und künstlerischen Fähigkeiten zu tun. Denn illustriert hat das Ganze dann meine Kollegin Verena Vugedic. Das ging eigentlich los mit dem traurigen Anlass, dass vor ca. zwei Jahren die Russen die Ukraine angegriffen haben. Und meine jüngste Tochter, ich habe drei Töchter, vor mir stand und gesagt hat: „Papa im Kindergarten haben sie erzählt, da ist irgendwas ausgebrochen. Ich weiß aber nicht was.“
Ich wusste natürlich, was ausgebrochen war. Ich stand da erst mal relativ, wie wahrscheinlich viele Eltern, und war unfähig, dass jetzt in kindgerechte Worte zu kleiden. Und ich war einfach auch darüber entsetzt, muss ich sagen, dass dieser ausgebrochene Krieg im Kindergarten ein Thema war.
Das war kein Thema, dass die Erzieherinnen angestoßen haben, es kam von den Kindern selbst. Und die Welt von drei-, vier-, fünfjährigen und auch älteren Kindern, die ist einfach noch sehr zerbrechlich und sehr sensibel. Und da knallt dann dieses Thema rein. Das war sozusagen der Anlass, dann auch das Medium Bilderbuch zu wählen, um da eine dezente Vorgehensweise zu finden, um einfach auch das Thema in dieser jungen Altersgruppe zu besprechen.
Henning: Wir sind jetzt hier in einem Podcast und sprechen über ein Bilderbuch. Das heißt, die Hörerinnen und Hörer, die können das ja momentan gerade gar nicht sehen. Kannst du die Geschichte kurz erzählen?
Willi: Ja, also es ist ein Dialog zwischen Vater und Tochter, dieses Buch. Und es beginnt so ähnlich, wie ich auch das persönlich erlebt habe mit meiner Tochter, dass die Tochter aber in dem Falle nach Hause kommt und sagt: „Papa, Papa. Die Großen haben erzählt, der Frieden ist ausgebrochen.“
Und quasi sofort mit dem ersten Satz, das ist ja auch der Titel des Buches, einfach mal das Thema komplett umgelegt hat, weil sonst immer nur der Krieg ausbricht. Und jetzt will aber diese neugierige Tochter wissen, was ist denn das mit dem Frieden und der Vaterfühlt sich erstmal ein bisschen unfähig. Ah ja, genau, der Frieden, wie war das noch mal?
Papa, wo ist er denn ausgebrochen? Und er fängt dann an, zu erklären: „Ja, der Frieden sitzt in uns Menschen drin.“ Und so entwickelt sich jetzt ein Dialog zwischen einer sehr neugierigen Tochter und einem Vater, der auch nicht so richtig weiß, wie er es erklären soll und sich letztendlich dann an Wertvorstellungen orientiert.
Er versucht, dieses abstrakte Thema Krieg seinem Kind greifbar zu machen, ohne ihm Angst zu machen. In der Illustration sind viele Seiten bunt gehalten, in Pastellfarben, um den Frieden zu symbolisieren. Aber es gibt auch eine düstere Seite, wo gut zu sehen ist, wie Krieg aussieht.
Jetzt muss ich auch mal für die anderen Podcasthörer schildern, was hier im Hintergrund läuft:
Meine Frau kommt mir im Handy an und fotografiert mich, weil sie, glaube ich, mich wahrnimmt als älteren Autor, angegraut, mit Brille auf der Nase, der vor einer komischen Konstruktion hockt, weil mein Laptop ausgefallen ist und wir jetzt mit meinem Handy verbunden sind, lieber Henning. Ich möchte noch...
Henning: Du musst mal noch mal ein Bild festhalten.
Willi: Ich schicke dir das Foto später, dann siehst du auch das ganze Chaos drumherum. Aber um noch mal ganz kurz zu deiner Frage zurückzukommen und mich um eine grobe Zusammenfassung dieses Buchs zu bitten, ein Satz des Vaters ist zwischendrin, wenn es auch so ernst dann zugeht, wo sie gesagt, Papa, müssen wir dann traurig sein? Und er sagt, nee, was nützt das, wenn wir traurig sind und Trübsal blasen? Viel lieber stecke ich mit meinem Lächeln den Rest der Welt an, um den Eltern etwas an die Hand zu geben, damit sie ihren Kindern wiederum Halt geben können.
So nimmt dieses Buch einen Verlauf mit einer Dynamik, die den Krieg so erklärt, dass man ihn auch in die Lebenswelt von jüngeren Kindern hineintragen kann. Ich habe das Buch auch schon mit Grundschulkindern schon gelesen, die davon sehr profitieren, die dann aber auch ein schönes Ende finden und fragen: „Papa, können denn Kinder auch den Frieden ausbrechen lassen?“ Und dann antwortet der Vater: „Ja, das können Kinder besonders gut, weil sie genau wissen, wie sich Frieden anfühlt.“
Und dann antwortet die Tochter: „Ja, Papa, genau, wie auf deinem Schoß.“ Und das Ganze ist sehr rührend mit einer wirklich schönen Illustration versehen, die hinten raus ein gutes Gefühl vermittelt und vor allem auch Eltern und Kindern eine Möglichkeit bieten soll, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Henning: Wenn man da mit Kindern ins Gespräch kommt zu diesem Thema, verstehen Kinder das Thema Krieg und Frieden denn schon?
Willi: Ja, denn es geht um ein Gefühl, um ein Wichtiges. Denn dieses Gefühl, von Eltern gehalten zu werden, dieses sichere Gefühl, vielleicht auch dieses Gefühl, nachdem wir Erwachsenen uns sehnen. Eine Welt, in der alles überschaubar ist, in der wir uns nicht sorgen müssen, in der die Seele baumeln kann, das ist einfach Frieden. Und letztendlich ist es so, dass Frieden einfach auch in uns drinnen beginnt.
Es ist ja nicht, dass wir nur in Kategorien von Schlachtfeldern und Kriegen definieren können, sondern Frieden und auch Krieg ist etwas, was wir in uns drin tragen.
Jetzt kann man ja durchaus sagen, dass wir in einer krisengeschüttelten Zeit leben. Also der Ukrainekrieg, zuletzt auch der Terrorangriff der Hamas und die Reaktion Israels. Oder aber auch, wenn man noch ein Stück zurückgeht und die Corona-Krise oder sowas zum Beispiel mit reinnimmt.
Henning: Wie wichtig ist es mit Kindern über solche Themen zu sprechen?
Willi: Am liebsten würde ich überhaupt nicht mit ihnen darüber sprechen müssen. Lieber Henning, vielleicht kannst du dich an früher noch erinnern, als der Kinofilm „Willi und die Wunder dieser Welt“ rauskam. Das ist 2008 gewesen und da habe ich eine Reise um die Welt unternommen, habe mir den Regenwald angeschaut, war in Tokio, der großen Stadt, habe die Eisbären besucht und so weiter.
Da war so die Devise bei uns Filmemachern: Wir müssen den Kindern die Welt zeigen, wie schön sie ist, denn nur was sie kennen, das lieben sie und schützen sie dann auch in der Zukunft. Und da war überhaupt kein Gedanke daran, zu sagen, ja wir gehen jetzt in eine Krisenregion und so weiter. Und jetzt haben sich innerhalb von 15 Jahren die Zeiten so verändert, dass wir unsere Kinder, die wir damals noch gar nicht mit den Problemen konfrontieren wollten, ständig konfrontieren.
Es gibt, wie du gesagt hast, es gibt schreckliche Viren, die unterwegs sind oder es gibt Kriege an verschiedensten Orten der Welt. Und weil wir Erwachsene selbst in Schwanken geraten, weil uns die Antworten darauf fehlen, weil wir unsicher werden, übertragen wir das natürlich auf die jüngere Generation. Die spüren das, die sehen das ja.
Also ich bin mir auch relativ sicher, dass gerade auch viele Eltern möglicherweise denken, wie erkläre ich sowas denn jetzt meinem Kind? Wie spricht man als Erwachsener denn am besten mit Kindern über solche Themen? Also, wie gesagt, am liebsten überhaupt nicht, aber ich würde es auch nie von mir aus beginnen, wenn nicht meine Kinder auf mich zukommen würden. Und ich merke irgendwie ist da etwas, dass sie vielleicht verunsichert sind, dass sie irgendwie konfrontiert sind durch die Bilder, die sie ja vielleicht auch bei uns Erwachsenen über die Schulter sehen, wenn wir Nachrichten schauen. Ich habe früher auch die Nachrichten bedenkenlos mitlaufen lassen.
Auch wenn sie vor 15 Jahren auch nicht gut waren, da gab es ja auch immer genug Negatives. Aber inzwischen gibt es nur noch so viel Krieg, Stichwort Ukraine, Stichwort Israel, Gaza, Westjordanland.
Und das ist der Punkt: Ich glaube, ich würde nicht mit Ihnen sprechen darüber, außer wenn die Frage von den Kindern kommt.
Henning: Also dein Ratschlag wäre quasi nicht hinzugehen und sagen, Sohn, Tochter, ich muss mal mit dir reden, oder wir müssen reden, sondern man soll die Kinder sozusagen auf sich zukommen lassen.
Willi: Find ich schon. Alle Eltern wissen das ja. Es ergeben sich so wenig Momente, wo man mal wirklich auch so zur Ruhe kommt, um ein übergeordnetes Thema anzusprechen, weil die meisten Themen, die sich zwischen Eltern und Kindern abspielen, sind: Wie sieht es denn da aus? Räum mal auf, hast du deine Hausaufgaben gemacht…
Und dann kann man auch auf sanfte Art und Weise in dieses Thema einsteigen, ohne auch etwas zu verletzen oder eine Verunsicherung. Und das ist das Letzte, was wir brauchen, dass wir eine Generation von verunsicherten Kindern aufwachsen sehen oder selbst heranziehen, weil wir ihnen das verunsicherte Bild ja auch abliefern, indem sie sich eine Scheibe abschneiden.
Henning: Hat das Buch bei dir etwas verändert? Oder die Arbeit an dem Buch, hat das bei dir etwas verändert?
Willi: Sehr, weil ich gemerkt hab, dass ich mir das gleiche Recht, was sich ein Wladimir Putin herausnimmt, wenn er sagt, ich beginne einen Krieg, ich einfach sage, nee, dann beginne ich damit, Frieden zu beginnen und Frieden zu verbreiten. Und das ist einfach total schön. Der Ansatz war nicht kommerziell. Jeder, der sich auf dem Buchmarkt auskennt, der weiß, dass man durch ein Bilderbuch jetzt nicht reich wird. Aber es ist einfach etwas, was ich wirklich von Herzen in Familien reintrage, um Frieden zu verbreiten.
Henning: Das Motto der Jahreskampagne der Caritas lautet, Frieden beginnt bei mir. Das Buch beginnt ja mit den Sätzen: „Papa, der Frieden ist ausgebrochen. Das haben die Großen auf dem Spielplatz gesagt. Das klingt ziemlich schön. Wo ist er denn ausgebrochen? Höchstwahrscheinlich ist er in irgendeinem Menschen ausgebrochen, ist dann die Antwort des Vaters. Denn der Frieden sitzt in uns Menschen drin. Und dann fragt die Tochter ja, auch bei mir? Ja klar, auch bei dir.“
Und da sind wir ja quasi beim Motto der Jahreskampagne: Frieden beginnt bei mir. Ist das so?
Willi: Also ich glaube, wir alle tragen doch in uns drin, dass wir zufrieden sein wollen, dass wir ein glückliches Leben führen wollen, dass wir ein friedliches Leben führen wollen. Natürlich ist es in der kindlichen Entwicklung so, dass man da auch erst gewisse Dinge entwickelt. Deswegen gibt es ja so Feste wie St. Martin, wo man lernt zu teilen und so weiter.
Aber insgesamt ist das große Problem. Jetzt kenne ich zum Beispiel die Ukraine durch meine Filme, die ich für die Sternsinger gedreht habe. Oder ich kenne auch Israel und das Westjordanland.
Ich war nie im Gazastreifen, aber ich bin ja mal vor einigen Jahren bei einem Versuch mit einem Esel, so wie Maria und Josef, von Nazareth nach Bethlehem zu wandern, in der Region unterwegs gewesen. Und bin da innerhalb von zwölf Tagen 180 Kilometer von Nazareth nach Bethlehem gewandert. Nazareth in Israel, Bethlehem in Westjordanland.
Wenn man mit einem Esel unterwegs ist, dann zieht das auch immer viele Kinder an. Die sagen, oh toll, ein Esel, und jeder will den Esel streicheln. Und was ich dort mit Schrecken festgestellt habe, was mir aber natürlich theoretisch auch vorher bewusst war, dass es so große Vorurteile schon bei den Kindern gibt, dass mich die Kinder in Israel gewarnt haben, geh bloß nicht rüber zu denen ins Westjordanland, denn die werden dich töten. Und andererseits waren genau auch so diese Angst und dieses Vorurteil bei den Kindern im Westjordanland in Bezug auf die Kinder oder auf die Menschen generell in Israel zu spüren. Und da sieht man einfach, es sind ja nicht die Kinder, die so auf die Welt kommen. Das ist ja das, was die Erwachsenen ihnen predigen und wo sie sich einfach dran orientieren, welche Haltung die haben.
Religionen tragen auch dazu bei, Menschen zu trennen. Eigentlich sollte es nicht so sein, aber leider, leider ist es so. Und dann wird Religion schnell politisiert.
Deshalb der Ansatz, bei den Kindern anzufangen und zu sagen: Hey, der Frieden sitzt in dir und du kennst doch keine Feinde, du kennst doch nur Menschen. Das ist der große Gedanke.
Henning: Das heißt zum Beispiel, ich sag mal, abseits von allen Religionen, abseits von allen Ideologien, das kennt ja irgendwie jeder noch aus der eigenen Kindheit oder auch von den eigenen Kindern, wenn die sich zum Beispiel dann im Kindergarten um Spielzeug kloppen oder irgendwie sowas, dass man ihnen da auch klar macht, Mensch, das kann man anders lösen, der Frieden beginnt bei dir?
Willi: Ja, das ist natürlich harte und auch geduldige Erziehungsarbeit, die in den Kindertagesstätten, in den Kindergärten, in den Schulen täglich passiert. Aber jeder muss sich da erstmal orientieren. Es wird viel gekämpft nach wie vor und der Egoismus bei Kindern, der ist erstmal groß verbreitet.
Aber wir wissen einfach, dass wir als Menschheit auf diesem Planeten Erde es nur dann schaffen, wenn wir einfach zusammenhalten, wenn wir schauen, dass die Dinge einfach gerecht verteilt werden. Und deswegen schaffen wir es nur, wenn wir zusammenhalten. Wenn wir nicht mit den Indern zusammenhalten, dann werden die ihre Kohlekraftwerke für immer brennen lassen.
Und deswegen, das ist ein sehr pauschales Beispiel, weil mich das gerade an die Weltklimakonferenzen zu erinnert, muss man aufeinander zugehen und miteinander versuchen, die Probleme zu lösen.
Henning: Das Buch endet ja damit, dass Kinder eigentlich viel besser für Frieden sorgen können als wir selbst.
Willi: Ich glaube, die haben noch nicht so viele Vorurteile im Kopf wie wir. Jetzt gehen ja ständig so Statistiken durch die Medien, auch, wie verbreitet Antisemitismus ist, wie verbreitet Alltagsrassismus ist. Das sind ja Dinge, das sind ja Muster, die die Erwachsenen in ihren Köpfen tragen, die Kinder aber, die haben da eine Möglichkeit, gemeinsam groß zu werden in unserer pluralistischen Gesellschaft.
Und für die ist es normal, dass dann irgendwie Kinder mit unterschiedlichen Hautfarben oder mit ganz unterschiedlichen Wurzeln zusammenleben. Und das ist dann so. In München gibt es Ecken, da haben 50% der Menschen Migrationshintergrund.
Und deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass wir uns immer wieder bei den Kindern auch eine Scheibe abschneiden dürfen, wenn die so unbefangen auf die Menschen zugehen. Das gebe ich zu, das muss ich jetzt noch sagen, klingt so ein bisschen naiv. Man kann da an den Bibelspruch von Jesus erinnern: wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, dann habt ihr keinen Anteil am Himmelreich.
Aber es ist halt einfach so. Ich glaube, man muss da wirklich sagen, es stimmt einfach so. Es ist naiv, aber es wäre eine bessere Welt.
Henning: Naja, ich weiß nicht, ob das naiv ist. Das klingt auf alle Fälle aber auch schön. Also diese Vorstellung. Versuchen wir vielleicht mal ein wenig in die Zukunft zu blicken zum Schluss. Was können wir alle denn dafür tun, dass wir friedlich miteinander umgehen? Also dass wir in Frieden miteinander leben können?
Henning: Ich glaube, in erster Linie dankbarer zu werden für das, was wir haben. Und das ist halt einfach auch so krass. Wir sehen es ja seit Corona, wie sich die Gesellschaft spaltet, dass der Wutbürger immer wütender wird oder vielleicht auch, dass es immer mehr Wutbürger gibt.
Ich bin da immer entsetzt, wenn Bilder durch die sozialen Medien gehen, wie beispielsweise Klimaaktivisten oder Klimakleber, die sich auf die Straße kleben, mit einer Brutalität angegangen werden, wo Lastwagenfahrer oder Autofahrer quasi über die drüberfahren. Ich denke, Moment mal, was ist jetzt in dir schief gegangen oder wo steckt deine eigentliche Ethik, deine Moral? Wo ist dein innerer Frieden, dass du den anderen nicht so sein lassen kannst?
Klar, der Kurierfahrer, der muss da sein Päckchen abliefern, weil er sonst Ärger kriegt von seinem Chef oder rausfliegt. Aber nichts desto trotz. Da geht es ja auf einmal ums Leben, was gefährdet ist.
Und da sehe ich einfach so eine richtig traurige Entwicklung. Ich hoffe nicht, dass wir uns die Amerikaner immer mehr al Vorbild nehmen, dort ist die Spaltung ja noch krasser, aus der Distanz beobachtet. Wir sollten dankbar sein für die Dinge, die wir haben, sich nicht mit den falschen Menschen. Und das ist halt meine Lebenserfahrung, dadurch, dass ich durch meine vielseitigen Reisen, gerade in Teile der Welt, in denen Armut vorherrscht, schon gemacht habe für die Sternsinger, sehe ich auch immer, hey, es ist ein Privileg, dass wir Wasser haben, dass wir Strom haben, dass wir uns ein Brot backen, allein ein Brot machen oder kaufen können. Das sind so Selbstverständlichkeiten, die aber viele Menschen gar nicht mehr so selbstverständlich sehen. Sozialneid spielt eine große Rolle, der zum Teil auch verständlich ist.
Wenn man allein an die ganzen Tafeln denkt, die ja immer mehr Bedarf anmelden, weil so viele Menschen in Armut leben. Aber nichtsdestotrotz, Dankbarkeit ist der erste Schritt, um selbst Frieden in sich hinein zu holen. Und wahrscheinlich müssen wir uns alle auch ein Stück weit ein bisschen zurücknehmen, jeder Einzelne.
Ich meine, ich bin ja schon dafür, dass jeder seine Talente entfaltet, die er in sich hat. Und die müssen einfach entfaltet werden. Ich habe jetzt einen Freund an den Flughafen gebracht. Da kommen da so ein paar Jugendliche, so junge Erwachsene, auf mich zu. Ich frage: Wo wollt ihr hin? Sie sagten, wir machen eine Weltreise, total geil hier, super.
Und die haben natürlich durch die Corona-Zeit gelitten, denn da ist so ein Stück Jugend einfach abgeschnitten worden. Und ich verstehe die total in ihrem Freiheitsdrang. Warum sollen die jetzt nicht leben können? Weil die Generation davor etwas verbockt hat, nämlich hier die Welt zu verpesten, nichts Geniales erfunden zu haben, dass man immer wieder nur CO2, CO2, CO2 ausstößt.
Und warum kann sich die Folgegeneration jetzt, oder warum soll die jetzt sozusagen das ausbaden? Ein sehr, sehr schwieriges Feld, finde ich. Und wenn ich eine Lösung hätte, aber ich glaube, in gewisser Weise ein bisschen bescheidener zu werden, ich glaube auch in der Bescheidenheit, sich entfalten zu können, dass das tatsächlich möglich ist.
Denn zum Schluss geht es darum, Glück zu haben, glücklich zu sein, zum Schluss geht es ja darum, glücklich zu sein. Und ich glaube, sehr häufig ist man vielmehr mit den kleinen Dingen im Leben glücklicher, als wenn man jetzt nach Hawaii fliegt und sagt, oh, geile Vulkane, ich habe es gesehen und komm zurück.
Henning: Abschließend die Frage, glaubst du, dass wir irgendwann mal in einer friedlichen Welt leben werden?
Willi: Ich bin ein Zwangsoptimist. Ich lass mich immer wieder so gerne von den Kindern anstecken. Bin ja schon oft irgendwie aus Teilen der Welt zurückgekommen, hab gedacht, Mist, Mist, Mist, wir haben ja richtige Probleme an der Backe.
Jetzt zuletzt mit den Sternsingern im Regenwald, wenn man sieht, was da so kaputt geht. Und dass der Einfluss auf unsere ganze Welt hat, dann bin ich schon echt am Verzweifeln. Und dann treffe ich diese Sternsinger, die dann irgendwie 8 oder 7 Jahre alt sind.
Willi, wir haben dein Film gesehen, wir werden jetzt sammeln, und da werden Bäume gepflanzt und dann wird der Regenwald wieder aufgeholzt und so weiter.
Das ist so eine Haltung, an der ich mich wirklich einfach festhalte. Und dann sag ich, ja, lasst es uns einfach machen. Und deswegen glaube ich einfach fest daran, dass wir es schaffen.
Henning: Super. Vielen Dank für das Gespräch, Willi.
Willi: Danke für deine Fragen.
Ein schwieriges Thema, aber ein Bilderbuch wie dieses macht ja auch Hoffnung. Und es zeigt deutlich, dass man auch mit Kindern über dieses Thema reden muss. Bis bald, wir hören uns.
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